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Infos zum Beckenbodentraining im NIMA

In Kürze:

 

Im NIMA-Training integrieren wir den Beckenboden, da er für Stabilität, Kraft und Prävention wichtig ist – besonders in High-Impact-Sportarten wie Kickboxen. Beckenbodenprobleme sind weit verbreitet, werden aber oft nicht thematisiert. Wir wollen dieses Wissen im NIMA weitergeben und ein fundiertes, gesundes Training anbieten, das Fehlbelastungen und Schäden am Beckenboden vermeidet. Anliegen und Fragen zum Beckenbodentraining können jederzeit mit Menga oder den anderen Trainer*innen geteilt werden.

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Infos für NIMA-Mitglieder zum Beckenbodentraining

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Seit einigen Monaten binden wir in manchen Trainings den Beckenboden in der Wahrnehmungsübung zu Beginn und in einzelnen Kraftübungen des Trainings ein. Da der Beckenboden einen Körperbereich betrifft, über den im Allgemeinen wenig gesprochen wird, tauchen dazu vielleicht Fragen auf oder es kann einem im ersten Moment sogar unangenehm überraschen. Hier erläutern wir deswegen einige Hintergründe zum Beckenbodentraining und wollen euch die Möglichkeit geben, euch mit Fragen oder Sorgen anonym einzubringen.

Was ist der Beckenboden und warum sollte man ihn berücksichtigen?

Der Beckenboden besteht aus Muskulatur und Bindegewebe und schliesst das Becken nach unten ab. Er trägt die Organe im kleinen Becken und verschliesst die Harnröhre und After und bei Menschen mit Vagina/Vulva oder ähnlichen Strukturen* dieselbe. Die Beckenbodenmuskulatur ist im Sport besonders wichtig – insbesondere im Kickboxen, da wir oft schnelle, kraftvolle Bewegungen ausführen, viel balancieren und auch immer wieder Sprünge zum Training gehören. Diese Impacts muss unter anderem der Beckenboden abfedern.

Sehr viele Menschen bekommen irgendwann im Leben Probleme mit dem Beckenboden, darunter Harn- und Stuhlinkontinenz, Organsenkungen, chronische Schmerzen z.B. im unteren Rücken und sexuelle Dysfunktionen. Das kann alle Menschen betreffen, ein besonderes Risiko besteht aber für Menschen mit Vagina/Vulva oder ähnlichen Strukturen (sowie mit weiteren Eigenschaften wie ein breiteres Becken, hormonelle Veränderungen (durch Zyklus, Schwangerschaft, Menopause) und mehr Bindegewebe).
Eine Beckenbodendysfunktion kann sich auch durch Rückenschmerzen, Schmerzen während der Menstruation oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr bemerkbar machen.

Für diese Probleme gibt es verschiedene Ursachen. Sie treten aber auch deswegen so häufig auf, weil oft nicht über den Beckenboden gesprochen wird und er im Alltag und im Sport deswegen fehlbelastet wird. Zum Glück können viele Beschwerden durch frühzeitige Sensibilisierung für den Beckenboden verhindert werden, zum Beispiel durch die bewusste Wahrnehmung und Integration des Beckenbodens im Sport und im Alltag sowie durch spezifisches Training.

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Statistiken und Studien zum Beckenboden

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Da über den Beckenboden bisher erst wenig geforscht wird, variieren die Statistiken zur Zahl der Betroffenen. Gewisse Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 50% von Menschen mit Vagina/Vulva oder ähnlichen Strukturen betroffen sind.

Für den Sportbereich belegen einige Studien, dass Beckenbodendysfunktionen sowohl im Spitzensport als auch im Breitensport weit verbreitet sind. Zum Beispiel sind 80% der Trampolinspringerinnen* im Spitzensport während dem Sporttreiben von einer Belastungsinkontinenz (das unkontrollierte Austreten von Urin beim Husten, Niesen, Lachen oder körperlicher Anstrengung) betroffen – bei einem Durchschnittsalter von nur 15 Jahren. Eine Studie über Crossfitterinnen* zeigt dasselbe bei 84% der Befragten. Ähnlich hohe Zahlen sind für weitere High-Impact-Sportarten wie Volleyball, Seilspringen und Langstreckenlauf belegt. Eine Umfrage unter Freizeitsportlerinnen* in Gruppentrainings und Fitnesscentern ergab, dass 49.3% von ihnen unter einer Belastungsinkontinenz leiden. Weitere Untersuchungen zu Fitness-, Yoga- und Pilatesinstruktorinnen* zeigen eine Betroffenheitsrate von etwa 26%.

Eine Belastungsinkontinenz geht leider häufig mit sozialem Rückzug und der Aufgabe des Sports einhergeht. Studien zeigen, dass Betroffene aus Scham und Angst vor Stigmatisierung erst nach mehrjährigem Leiden und einer grossen Einschränkung ihrer Lebensqualität ärztliche oder therapeutische Hilfe aufsuchen. Hinzu kommt, dass viele aufgrund fehlender Sensibilisierung eine Belastungsinkontinenz/Tröpfchenverlust zunächst als normal hinnehmen und nicht als Symptom einer Dysfunktion erkennen.

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Der Beckenboden als wichtige Muskelgruppe für jeden Sport

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Der Beckenboden ist eine Muskelgruppe wie alle anderen, die wir im Kickboxen gezielt trainieren. Für das Kickboxen ist er sogar besonders wichtig: Er stabilisiert den ganzen Körper, ist für die Balance mitverantwortlich und macht unsere Kicks und Schläge deutlich stärker, wenn er aktiviert wird. Gleichzeitig wird der Beckenboden bei High-Impact-Sportarten wie dem Kickboxen besonders stark beansprucht (z.B. durch Sprünge, Hüpfen, Rückschläge). Damit das Training möglichst gesund und effektiv ist, und damit der Beckenboden keine Schäden davonträgt, muss er also einbezogen werden. Wir berücksichtigen den Beckenboden im NIMA einerseits, indem wir belastende Übungen ersetzen und Alternativen für verschiedene körperliche Voraussetzungen anbieten. Andererseits schulen wir seine Wahrnehmung in der Übung zu Beginn mancher Trainings, da die bewusste Aktivierung des Beckenbodens für viele am Anfang schwierig ist, zuerst eingeübt werden muss und die Basis für ein beckenbodenbewusstes Training darstellt. Die Wahrnehmungsübung bereitet die Beckenbodenmuskulatur auf das Training vor (Warm-Up).

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Feministische Bildung

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Warum der Beckenboden trotz der präventiven und leistungssteigernden Effekte im Breiten- und Leistungssport immer noch kaum diskutiert wird, liegt u.a. an der Tabuisierung weiblich gelesener Körper. Sie hat eine lange und anhaltende Geschichte. Während man sich z.B. am Arbeitsplatz ohne weiteres durch eine Erkältung entschuldigen kann, gilt es nach wie vor als unangemessen, Menstruationsschmerzen als Abwesenheitsgrund anzugeben. Obwohl 10-30% der Menschen mit Gebärmutter an Endometriose leiden, wird die Erkrankung oft nicht ernst genommen und es dauert im Schnitt bis zu 10 Jahre, bis eine Diagnose erfolgt. In der medizinischen Forschung gibt es einen beachtlichen Gender Gap, der dazu führt, dass Krankheiten falsch diagnostiziert, zu spät erkannt werden und die Lebensqualität von Menschen mit Vagina/Vulva oder ähnlichen Strukturen stark beschnitten wird. Die Unsichtbarmachung und die Schweige- und Schamkultur führen dazu, dass Betroffene mit ihren Sorgen allein bleiben, oft keine adäquate Unterstützung erhalten und länger unter Beschwerden leiden.

Neben unserer Pflicht, im NIMA ein gesundes und umfassendes Training anzubieten, halten wir es deswegen auch für eine feministische Pflicht, über den Beckenboden aufzuklären und unseren Mitgliedern mit diesem Wissen die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmte Entscheidungen über den eigenen Körper zu treffen.

 

Anonyme Feedbackmöglichkeit


Weil das Einbinden des Beckenbodens nach wie vor ungewöhnlich ist, bedeutet das im Moment, dass wir damit ein Tabu brechen und Dinge ansprechen, die Unverständnis oder auch Scham auslösen können. Wir möchten allen NIMA-Mitgliedern deswegen die Möglichkeit geben, sich anonym mit Sorgen oder Fragen bzgl. der Integration des Beckenbodens ins Kickboxtraining bei uns zu melden. Die Trainer*innen sowie die Vertrauenspersonen stehen ebenfalls jederzeit für ein vertrauliches Gespräch zur Verfügung. Wir freuen uns auch über positive Rückmeldungen zu diesem Thema.

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*Diese genderinklusive Formulierung soll verdeutlichen, dass die genannten anatomischen Merkmale nicht nur bei cis-Frauen vorkommen. Auch inter-, non-binäre und trans-Menschen können diese Merkmale haben.

Genderinklusive Formulierung
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